Der Fall Schneekugel

Kaum hatte der rote Wagen in der Einfahrt geparkt, ging auch schon die hintere Tür auf und Kalle stürzte heraus und stürmte Richtung Garten.
Kalles Mutter stieg schnell aus und rief ihrem Sohn hinterher: "Moment, was ist mit dem Einkauf? Der muss noch ausgeladen werden."
"Keine Zeit" rief Kalle und sah nur kurz über die Schulter, ohne stehen zu bleiben. "Ich muss schnell ins Baum-haus, nachsehen, ob es dort reingeregnet hat."
Kalle hörte gerade noch, wie seine Mutter stöhnte: "Typisch, werde ich den Einkauf wohl wieder mal alleine herein tragen." Dann war er im Garten und auch schon auf der Leiter zum Baumhaus. Flink kletterte er hinauf. Unzählige Male hatte er schon dort oben gesessen. Es war sein Lieblingsplatz. Hier konnte er alleine sein oder mit seinem Freund Paul ungestört wilde Pläne schmieden. Kalle saß im Schneidersitz auf dem Boden des Baumhauses, direkt vor dem Fenster. Er griff hinter sich unter die Kiste, denn dort versteckte er eine kleine Schatztruhe: Sein bestes Stück, sein Schatz, denn in der Truhe befand sich eine alte, wunderschöne Schneekugel, die ihm Oma aus dem Urlaub mitgebracht hatte.
Kalles Hand suchte unter der Kiste, doch war dort nichts zu entdecken. In Panik stand er auf, hob die Kiste an, doch die kleine Schatztruhe blieb verschwunden. Kalle atmete tief durch, jetzt musste er die Ruhe bewahren und Spuren sichern. Er holte einen kleinen Notizblock vom Hocker. Auf die erste Seite schrieb er: Der Fall Schneeku-gel. Diebstahl entdeckt, Mittwoch 29.08., keine Spuren am Tatort.
Missmutig kletterte er die Leiter hinab.
"Schade, dass es in der Nacht so doll geregnet hatte und sich an der Leiter eine ordentliche Pfütze gebildet hatte, da wurden alle Spuren verwischt. Auf dem Weg ins Haus, drehte er sich noch einmal um, denn er sah etwas im Gras blitzen. Das war doch Pauls Taschenmesser. Sofort klappte Kalle den Notizblock auf und notierte: Keine Fußabdrücke möglich, da große Pfütze unter dem Baumhaus, Indizien: Taschenmesser in der Nähe des Tatorts gefunden. Verdächtige Person: Paul.
Schnell ging er ins Haus, er wollte seine Mutter fragen, ob er gleich zu Paul gehen dürfte. Vorsichtig zog Kalle die Schuhe im Flur aus. Doch seine schlammigen Schuhe hinterließen einen ordentlichen Dreckhaufen. Noch bevor er fragen konnte, rief ihm seine Mutter schon entgegen: "Karl! Wieso sind deine Schuhe so schlammig? Außer-dem, wie oft habe ich dir schon gesagt, du sollst dein Zeug wegräumen. Eines Tages nehme ich noch deine Spielsachen und werfe sie weg, wenn du nicht aufräumst!" Dann lief sie in die Küche und holte einen Besen
"Ich heiße nicht Karl", murmelte Kalle leise und mürrisch, "sondern Kalle und was kann ich für die Pfütze am Baumhaus." Dann stutzte er: "Was hatte sie gesagt?" Sofort klappte er den Notizblock auf und schrieb hinter "verdächtige Personen" "Mama". Während er schrieb, lief er in sein Zimmer. Als er an Niclas Zimmertür vorbei kam, zuckte sein großer Bruder zusammen und versteckte hastig eine Tüte unter seinem Schreibtisch: "Na, Brüderchen, alles klar? Kann ich dich irgendwie ärgern?" Mit einem gemeinen Grinsen, warf Niclas geräuschvoll die Zimmertür zu.
"Große Brüder sind so schrecklich. Wozu braucht man die überhaupt", dachte Kalle. Dann blieb er stehen, überlegte kurz und holte den Notizblock hervor. Unter die verdächtigen Personen, schrieb er nun auch den Namen seines Bruders. In seinem Zimmer grübelte er noch, wie er herausbekommen könnte, was Niclas geheimnisvolles unter seinem Schreibtisch versteckte hatte, als sich seine Zimmertür öffnete und Paul den Kopf ins Zimmer steckte. Sofort war in Kalle die Spürnase geweckt: "Hey, Paul! Wo ist eigentlich dein Taschenmes-ser?" Paul erzählte traurig, dass er sein Taschenmesser verloren haben musste. Da hielt Kalle seinem Freund das Taschenmesser unter die Nase.
"Da ist es ja", strahlte Paul, "das ist mir bestimmt aus der Tasche gefallen, als wir gestern so schnell vor dem Regen geflüchtet sind.
"Vielleicht", murmelte Kalle misstrauisch, "vielleicht auch nicht!"
In diesem Moment klingelte es Sturm an der Haustüre. Kalles Mutter bat Kalle, die Tür zu öffnen.
Vor der Tür stand Kaugummi kauend der große Jonas, der unangenehm die Nase rümpfte, als Kalle öffnete. Der Nachbarsjunge trat zielstrebig mit einem großen Schritt zu Kalle in den Flur: "Naaaaaa Winzling! Bei uns ist ein Paket für euch abgeben worden. Das soll ich hier abgeben."
Während Jonas redete, tanzten die vielen Sommersprossen auf seinem Gesicht. Wie gebannt starrte Kalle ihn an. Jetzt kam Kalles Mutter hinzu und nahm das Paket entgegen. So drehte sich der große Jonas kommentarlos um und rannte davon. Auch Kalle verschwand schnell, um in seinem Zimmer den Fall zu lösen. Nur seine Mutter blieb an der Tür stehen und schimpfte: "Da hat uns Jonas aber schön den Dreck ins Haus gebracht. Jetzt hatte ich den Flur gerade sauber, und schon kommt der nächste mit solchen Schlammschuhen", dann lief sie in die Küche um wieder den Besen zu holen.
Kalle ließ sich davon nicht aufhalten, er saß in seinem Zimmer, blätterte das Notizbuch durch, las die Hinweise und dann löste er den Fall. Weißt du auch, wer die Schneekugel genommen hat?

Kalle kombinierte alle Fakten und konnte den Dieb der Schneekugel stellen. Der große Jonas musste ihm die kleine Schatztuhe mit der Schneekugel wieder zurückgeben. Er hatte sich durch den Schlamm an seinen Schuhen verraten.